Wie tief ist das Bayer-Loch? Rolfes: „Wir müssen alle wieder hochfahren“ 

 

Zwei Niederlage nacheinander – erstmals seit Mai 2023. Aber auch zuletzt zwei untypisch schwache Auftritte der Werkself. Bayer 04 braucht am Dienstag in der Königsklasse gegen Bayern München ein Fußballwunder, steckt aber ausgerechnet jetzt im Formtief.

Double-Gewinner mit Formkrise zur Unzeit

Das Thema war nach dem Abpfiff fast hinten runtergekippt. Drehte sich doch vieles um Florian Wirtz und die Frage, wie schwer die Fußverletzung ist, die der Leverkusener beim 0:2 gegen Werder Bremen erlitt. Und so wurde natürlich noch thematisiert, welche Rolle die personellen und taktischen Maßnahmen von Xabi Alonso für das doch arg schlechte Spiel der Werkself hatten. Doch neben den Sorgen um den Top-Star treibt die Verantwortlichen auch die aktuelle Form des Double-Gewinners um.

„Normal zeigen wir einen anderen Spirit. Man muss sagen: Mittwoch war nicht gut und heute auch nicht.“ (Simon Rolfes)

So präsentierten sich Granit Xhaka und Co. nicht nur am Samstag weit von ihrer Normalform entfernt. „Es war enttäuschend wie wir aufgetreten sind. Das war nicht genug, um ein Bundesligaspiel zu gewinnen. Nicht genug Energie und Entschlossenheit, Wachsamkeit und Zusammenspiel – und dann gewinnst du kein Bundesligaspiel“, analysierte Simon Rolfes. Wobei der Geschäftsführer anmerkte, dass das Bremen-Spiel eben nicht die eine Ausnahme von der Regel war.

„Normal zeigen wir einen anderen Spirit“, weiß der 43-Jährige, der mit Bezug auf die zuvor erlittene 0:3-Niederlage im Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League beim FC Bayern München feststellte: „Man muss sagen: Mittwoch war nicht gut und heute war auch nicht gut.“ Bayers Formkurve ist nach zuvor drei starken bis herausragenden Auftritten komplett abgeknickt.

Vor einer Woche wähnte Xabi Alonso seine Mannschaft noch „in einem guten Moment“. Zu Recht. Lieferte sein Team doch beim 0:0 in der Liga gegen die Bayern  eine Glanzleistung ab, der nur die Tore zur Krönung fehlten. Danach hätte der souveräne 2:0-Sieg in Kiel noch deutlich höher ausfallen können, ehe eine von einem glänzenden Xhaka geführte Werkself beim 4:1-Triumph in Frankfurt vor allem in der ersten halben Stunde einen Beitrag für die Lehrbücher des Fußballs schrieb.

Doch all dies ist wie weggeblasen. Selbst gegen ein biederes Werder-Team fand Bayer 04 bei der 0:2-Niederlage nicht zu seinem Spiel. „Wir waren zu hektisch, wir hatten keine Kontrolle. Wir haben keinen logischen Fußball, keinen guten Fußball gespielt“, stellte Xabi Alonso unumwunden fest. Die Mannschaft scheint angeknackst. Warum auch immer.

Der emotionale Einsatz der Brechstange verdrängte die Spielintelligenz

„Der Fehler und das erste Tor für Bremen haben uns nicht diese Coolness gegeben“, stellte der Spanier fest. Dass ein Gegentreffer diese Mannschaft so aus dem Konzept bringt, ist völlig untypisch. Doch Bayer fand nie zu dieser Mischung aus Klarheit, Ruhe sowie Überzeugung und Unwiderstehlichkeit, die in den vergangenen eineinhalb Jahren fast jeden Gegner zermürbte. „Es war noch viel Zeit, aber wir haben die letzte Linie nicht gut attackiert, hatten keine Kontrolle, waren zu hektisch“, sagte Xabi Alonso, „und danach waren die Chancen nicht klar. Nur 15 Minuten in der zweiten Hälfte mit der Top-Unterstützung der Fans war gut – alles andere nicht.“

Und auch in dieser Druckphase zeigte Bayer nicht die gewohnte Präzision, um die Partie noch zu drehen. Bayers Spiel wurde in der Tat unlogisch, wie es Xabi Alonso ausdrückte. Da setzte beispielsweise Verteidiger Nordi Mukiele zum Fernschuss an, wo er viel besser Jeremie Frimpong auf dem rechten Flügel angespielt hätte, damit dieser über ein Eins-gegen-eins für echte Torgefahr sorgt. Emotionaler Einsatz der Brechstange statt kühl berechnend angewandte Spielintelligenz. Die Leverkusener Ausnahmemannschaft agierte wie ein beliebiger Bundesligist.

Rolfes vermisst Teamgefüge, Stabilität, Energie, Wachsamkeit

„Wir haben einfach kein Teamgefüge, keine Stabilität in unserem Spiel bekommen“, stellte Rolfes treffend fest, „nach hinten raus vielleicht so 20 Minuten ein bisschen Energie entwickelt, aber am Ende zu wenig.“ Dies allein am Fehlen von Wirtz festzumachen, wäre zu einfach. Am Dienstag im Rückspiel gegen die Bayern muss die Werkself wieder ein ganz anderes Gesicht zeigen.

„Wir müssen alle wieder hochfahren! Energie, Wachsamkeit, die ganzen Sachen, die uns ausgezeichnet haben und die diese Truppe auch grundsätzlich auszeichnen“, fordert Rolfes und sagt mit Blick auf die verpasste Chance, nicht nur auf fünf Punkte an den FC Bayern heranzurücken, sondern sich auch für den Dienstag in eine mental starke Position zu rücken: „Natürlich ärgert es massiv, aber daraus müssen wir Energie ziehen und nicht irgendwie rumheulen. Das brauchen wir nicht. Sondern wir müssen Stärke zeigen. Diese Qualität hat jeder einzelne Spieler. Ich bin davon überzeugt, dass jeder Einzelne und die Mannschaft das wieder zeigt.“

„Wir sind alle gefordert, uns da rauszuziehen und wieder auf Angriff zu schalten.“ (Simon Rolfes)

Die entscheidende Frage dabei ist: Wie tief ist das Bayer-Loch? Und verfügt diese Mannschaft, die nun erstmals seit Mai 2023 zwei Spiele nacheinander verlor, in diesem Augenblick über genügend Energie für ein außergewöhnliches Comeback? „Wir sind alle gefordert“, sagt Rolfes mit Blick auf die Mannschaft, aber auch das Trainerteam und sich selbst, „uns da rauszuziehen und nach vorne zu kommen und wieder auf Angriff zu schalten.“ Damit am Dienstag nicht der dritte Tiefschlag innerhalb einer Woche erfolgt.

 

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