Zum 20. Mal gedachte der deutsche Profifußball an diesem Wochenende unter dem Motto „Nie wieder ist Jetzt“ der Opfer des Nationalsozialismus. Vor allem auf St. Pauli wurde die Aktion auch zu einem lautstarken Protest gegen rechts.
„Ich habe es genossen, dass so klare Kante gezeigt wird“
Am Millerntor war alles anders als üblich. Es läuteten keine „Hells Bells“ zum Einlaufen, stattdessen schrillen vielmehr die Alarmglocken. Bei beklemmender Stille statt der einheizenden Einlaufmusik liefen am Samstagnachmittag die Mannschaften des Aufsteigers und vom FC Augsburg ein, es gab eine Choreographie aus schwarzen Folien im gesamten Stadion.
Dazu wurden riesige Spruchbänder entrollt: „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“, ist ein Zitat aus dem Gedicht „Todesfuge“ von Paul Celan. „Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen“ stammt von Esther Bejarano, einer Überlebenden aus dem Konzentrationslager in Auschwitz. Und: „Darüber zu sprechen, ist unmöglich, darüber zu schweigen, verboten“, eine Aussage des jüdischen Schriftstellers und Friedensnobelpreisträgers Elie Wiesel. Nach der Schweigeminute skandierte das ausverkaufte Millerntor: „Ganz Hamburg hasst die AfD.“
„Ich habe es ein Stück weit genossen, dass so klare Kante gezeigt und die Stimme erhoben wird.“ (Johannes Eggestein)
Die Protagonisten waren über den veränderten Ablauf nicht nur informiert, sie stützen die klare Haltung ihres Klubs und der aktiven Fanszene ausdrücklich. „Wenn die Hells Bells nicht erklingen, dann muss etwas Schwerwiegendes sein“, sagt Trainer Alexander Blessin und sieht genau diesen Fall: „Es gibt einen guten Grund dafür.“
Eggestein begeistert: „Sehr wertvoll und wichtig“
Mittelstürmer Johannes Eggestein empfand die Initiative, den Gedenktag zugleich zu einem lauten Protest gegen rechts zu nutzen, ebenfalls als ein starkes und wichtiges Zeichen und findet sich in seinem Klub wieder: „Was politisch aktuell passiert, ist aufwühlend. Dementsprechend finde ich solche Signale, wie sie von unseren Fans gesendet wurden, sehr wertvoll und wichtig.“ Der 26-Jährige verrät: „Mich persönlich beschäftigt das sehr, deshalb habe ich es auch ein Stück weit genossen, dass so klare Kante gezeigt und die Stimme erhoben wird.“
Dass nur wenige Augenblicke blieben, um nach dem Protest in den Alltag zu wechseln, empfand Eggestein nicht als Hürde. „Als Profi-Fußballer gehört es dazu, sich schnell wieder in die Lage zu versetzen, performen zu müssen, und das haben wir auch geschafft.“