Auch mit neuem Trainer knüpft der SC Freiburg in Dortmund an eine schlechte, alte Tradition an. Generell zeigt der Trend nach unten, was Coach Schuster vor eine knifflige Situation stellt.
Die Klatsche in Dortmund geht über eine Momentaufnahme hinaus
Maxi Eggestein bringt es in seiner Analyse des 0:4 in Dortmund auf den Punkt: „Das war von uns in allen Belangen zu wenig.“ Die Niederlage beim Champions-League-Teilnehmer, selbst in dieser Höhe, ist dabei aus SC-Perspektive noch das geringste Problem. Was viel bedenklicher stimmt: Die Breisgauer präsentierten sich nicht etwa als aggressiver Underdog, der zumindest alles daran setzt, dem schwarz-gelben Favoriten kräftig in die Wade zu beißen. Sondern vielmehr als willfähriger Sparringspartner. Was Coach Julian Schuster treffend so formuliert: „Wir haben es nicht geschafft, wirklich leidenschaftlich zu verteidigen.“
Einen Gewöhnungs-Effekt will der Coach konsequent bekämpfen
Der seit Saisonbeginn amtierende Fußballlehrer knüpft somit nahtlos an die Horror-Serie seines Vorgängers im Signal-Iduna-Park an. 0:3, 1:5, 1:5 und 0:4 lauteten die jüngsten Freiburger Resultate in Dortmund unter Christian Streich, der insgesamt in zwölf Versuchen gerade mal einen Punkt aus Dortmund entführte. Der letzte Freiburger Sieg beim BVB datiert gar von Oktober 2001. Beobachtern, die das als Trost für die aktuelle Klatsche heranziehen wollten, hielt Schuster freilich prompt entgegen: „Ich finde es nicht gut, wenn ihr schon daran gewöhnt seid. Wir sollten uns nicht daran gewöhnen, sondern den Mut und die Hoffnung haben, es im nächsten Spiel zu ändern.“
Vier Liga-Spiele in Serie ohne Sieg, zuletzt dreimal ohne Torerfolg
Fraglos ein richtiger Ansatz des Trainers – im Gegensatz zu seiner Behauptung, dass „die Wahrscheinlichkeit“ eines Erfolgserlebnisses in Dortmund „von Spiel zu Spiel steigt“. Das wäre schließlich nur der Fall, würde die Verteilung von Sieg und Niederlage dem Zufallsprinzip unterliegen. Zufällig kam die jüngste Demontage aber gewiss nicht zustande. Und: Sie markierte bereits das vierte sieglose Ligaspiel in Serie, unterbrochen vom 2:1-Pokalerfolg gegen Zweitligist HSV. Zudem blieben die Breisgauer bereits zum dritten Mal hintereinander ohne Torerfolg.
Wechselnde Leistungen, doch mangelnde Effektivität als Muster
Unbestritten sind die betreffenden Begegnungen „differenziert zu betrachten“, wie Schuster zu Recht einfordert. Die torlosen Remis gegen Mainz und bei Union Berlin markierten beileibe keine grundsätzlichen Minusleistungen. Ein Muster ergibt sich allerdings dahingehend, dass den Freiburgern in entscheidenden Momenten die Effektivität fehlt. Worauf auch immer das zurückzuführen ist: Kaltschnäuzigkeit, Konzentration, Abschlusstechnik bzw. die viel zitierte „Gier“ auf den Torerfolg. In Dortmund vergaben einmal mehr Vincenzo Grifo und gleich zweimal Lucas Höler die absolute Großchance auf den möglichen Ausgleich.
„“Es ist auch eine Chance, sehr, sehr ehrlich und selbstkritisch miteinander umzugehen.““ (Julian Schuster)
In Summe führt das zur Bestandsaufnahme, dass der junge Cheftrainer Schuster nun erstmals vor der Herausforderung steht, nicht nur eine Reaktion auf ein punktuelles Negativerlebnis zu provozieren, sondern einen erkennbaren Trend zu stoppen bzw. umzukehren. Tabellenplatz 6 ist zwar weiterhin aller Ehren wert, doch definiert der Novize selbst diesen wohlweislich als „Lohn für die ersten Wochen“. Zugleich wertet Schuster das deutliche 0:4 vielsagend „auch als Chance, sehr, sehr ehrlich und selbstkritisch miteinander umzugehen“.
Osterhages Sperre macht die Situation jetzt umso komplizierter
Ganz generell dürfte sich dabei die Frage stellen, ob der Mannschaft nach dem überaus vielversprechenden Start zwischenzeitlich ein Stück Spannung verlorengegangen ist. Speziell in Dortmund zeigte sich zudem, wie stark individuelle Tempodefizite ins Gewicht fallen, wenn bestimmte Akteure nicht auf dem Platz stehen. Oder, wie Patrick Osterhage am Samstag, nicht auf ihrer Paradeposition zum Einsatz kommen (können). Dass ausgerechnet er am kommenden Wochenende gegen Gladbach gesperrt fehlt, lässt die aktuelle Situation umso komplizierter erscheinen.
Ohne Scorerpunkte bleibt Grifos Wert gegen Top-Mannschaften arg beschränkt
Eggestein und Nicolas Höfler waren jedenfalls in Dortmund als Doppel-Sechs überfordert. Zudem dürfte an Max Rosenfelder angesichts seiner Sprintstärke auf Dauer in der Viererkette kaum noch ein Weg vorbeiführen, sei es im Zentrum oder rechts. Arg beschränkt bleibt hingegen Grifos Wert gerade gegen Top-Gegner, wenn er wie am Samstag die Effizienz im Abschluss vermissen lässt. Um darüber hinaus auch mal im Eins gegen Eins Lücken zu reißen, mangelt es dem etatmäßigen Topscorer an Dynamik.
Absehbare Hoffnungsträger: Dinkci, Röhl – und Gregoritsch?
In dieser Hinsicht sind die in Dortmund noch verletzt fehlenden Eren Dinkci (Knie) und Merlin Röhl (nach Syndesmoseriss vorm Comeback) absehbare Hoffnungsträger. Und ob sich gegen Gladbach womöglich doch wieder Michael Gregoritsch als Lösung des Sturmproblems erweist? Höler zumindest konnte sich beim Startelfdebüt nicht aufdrängen, der zuvor gesetzte Junior Adamu hat sich durch den Feldverweis nach Tätlichkeit gegen Waldemar Anton bis auf weiteres selbst ins Abseits gestellt. Diese Aktion, kritisiert Schuster deutlich, „passt nicht zu unserem Gesicht als Mannschaft. Auf Rückschläge jeglicher Art müssen wir mit Charakter reagieren“. Was nun auch rein sportlich betrachtet genau das passende Motto wäre.