Toppmöller über die „Waffe“ einer Spitzenmannschaft 

 

Die Eintracht hat ihre Standardschwäche aus der vergangenen Saison behoben. Nach dem Abgang von Scharfschütze Omar Marmoush gibt es nun aber eine neue Herausforderung.

Neun Tore nach Marmoush-Standards – Und jetzt?

Die eklatante Harmlosigkeit bei Standardsituationen war in der vergangenen Saison ein viel diskutiertes Thema – und scheinbar nicht enden wollendes Ärgernis. Es dauerte bis zum 32. Spieltag, ehe beim 1:5 gegen Leverkusen der erste Treffer nach einer Ecke fiel. Zuvor waren die Hessen saisonübergreifend 256 Eckbälle in Folge ohne Torerfolg geblieben.

Seit Erfassung der Standards zur Saison 2004/05 hatte in der Bundesliga keine andere Mannschaft ein solches „Kunststück“ vollbracht. Von den insgesamt 51 Toren in der Spielzeit 2023/24 erzielte Frankfurt lediglich sieben Treffer nach Standards: Drei Tore fielen nach Freistößen, zwei nach Strafstößen und jeweils ein Tor nach Ecken und Einwürfen.

„Fokus in Richtung Standards verschoben“

In dieser Saison ergibt sich ein anderes Bild. Aktuell steht die Eintracht bereits bei zwölf Toren – darunter drei Elfmeter – nach ruhenden Bällen (49 Tore insgesamt), zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison waren es gerade einmal vier Standardtore. Bereits sechs Tore (!) fielen nach Ecken. Die akribische Arbeit von Co-Trainer Stefan Buck, in dessen Verantwortungsbereich die Standards fallen, trägt endlich Früchte. Das liegt auch daran, dass in dieser Spielzeit mehr Trainingszeit auf das Üben von Standards entfällt.

„Der Fokus wurde ein bisschen mehr in Richtung Standards verschoben“, sagt Trainer Dino Toppmöller. „Wenn du als Trainer neu zu einem Verein kommst, würdest du am liebsten alles auf einmal machen. Aber es ist eben auch ein Entwicklungsprozess.“ Ohne die englischen Wochen gebe es momentan mehr Zeit für die Praxis auf dem Trainingsplatz. „Die Jungs setzen das gut um. Trotzdem gibt es immer noch Luft nach oben“, glaubt der Coach.

Die Fortschritte waren zuletzt auch im Heimspiel gegen Holstein Kiel (3:1) zu beobachten. Vor dem 2:0 führte Nathaniel Brown eine Ecke zu seinem Kumpel Can Uzun kurz aus. Während der verzögerte, hinterlief Mario Götze zur Ablenkung, sodass Uzun flanken konnte. Am kurzen Pfosten stieg Arthur Theate in die Luft, letztlich wurde der Ball aber vom Kieler Nicolai Remberg zum langen Pfosten verlängert, wo der sträflich alleingelassene Tuta lauerte und zum 2:0 traf. „Tutas Positionierung war wichtig, der Ablauf am Ball war sehr sauber“, lobt Toppmöller. Bei der unfreiwilligen Verlängerung zum zweiten Pfosten sei aber auch ein Quäntchen Glück dabei gewesen.

Als Kostic und Hinteregger die Bayern ärgerten

Ein Wermutstropfen ist, dass die Eintracht in Omar Marmoush ihren gefährlichsten Standardschützen an Manchester City verloren hat. Der Stürmer war an neun der zwölf Standardtore in dieser Saison direkt beteiligt. In der Bundesliga verwandelte er zwei Freistöße direkt und zwei Strafstöße, vier Treffer fielen nach von ihm getretenen Eckbällen, ein weiteres Tor nach einem nicht direkt ausgeführten Freistoß. „Omar hat sehr viele Ecken geschossen. Da war er sehr gefährlich, ebenso mit seinen seitlichen Freistößen. Jetzt brauchen wir andere Schützen“, sagt Toppmöller.

Für das Spiel in München war eigentlich Mario Götze als Mann für die Standards vorgesehen, der Mittelfeldspieler droht aber wegen einer Erkältung auszufallen. „Es ist nicht so einfach, die Schützen umzustellen. Jeder hat ja auch eine andere Schusstechnik. Von daher werden wir das weiter trainieren müssen“, kündigt der Coach an. Auch im Abschlusstraining am Samstag stehen Standards auf dem Programm. Es gehe darum, „ein paar Ideen und ein bisschen Kreativität reinzubringen“.

Nach dem Sieg gegen Kiel betonte Toppmöller, „eine Spitzenmannschaft“ sein zu wollen. Dazu gehören in seinen Augen auch gut eingeübte Standards: „Diese – in Anführungszeichen – einfachen Tore braucht jede Spitzenmannschaft. Das ist für uns mit Sicherheit auch in Zukunft eine Waffe, dementsprechend werden wir das weiter trainieren.“ Auch im Top-Spiel beim FC Bayern könnte ein ruhender Ball den Unterschied machen. Als die Eintracht am 7. Spieltag der Saison 2021/22 letztmals in München gewann (2:1), traf Verteidiger Martin Hinteregger per Kopf nach einer Ecke von Filip Kostic. Jetzt müssen andere in die Bresche springen.

 

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