Kovac: „Wenn der Kopf klar ist, kann man über Grenzen gehen“ 

 

Niko Kovac präsentierte sich bei seiner Antritts-Pressekonferenz zuversichtlich, den BVB wieder zu mehr sportlichem Erfolg zu verhelfen. Sportdirektor Sebastian Kehl lässt sich nicht auf Spielchen ein – und Sport-Vorstand Lars Ricken lässt eine wichtige Frage unbeantwortet.

Der neue BVB-Trainer will mit harter Arbeit die Skeptiker überzeugen

Genau so lange wie eine Spielhälfte inklusive Nachspielzeit dauerte am Dienstag die Antrittspressekonferenz von Niko Kovac als neuem Trainer von Borussia Dortmund. Und nach 48 Minuten war klar: Der 53-Jährige wird wie auf den meisten seiner vorherigen Stationen auf einen intensiven Fußball setzen. „Alles, was ich geschafft habe im Leben, habe ich durch harte Arbeit geschafft“, sagte Kovac und nannte bereits in einer der ersten Antworten jene Punkte, die ihm im Zusammenwirken mit seiner neuen Mannschaft am wichtigsten sind: „Disziplin, Ordnung, Leidenschaft, Intensität – und dass man jede Einheit nutzt.“ Hoffnung generiere sich aus Arbeit. „Nur wer arbeitet, der kriegt etwas – und viel ist mehr. Davon bin ich Freund – und die Jungs sind aufmerksam und hören zu.“

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Kehl: „Ich spüre das Feuer“

Am Vormittag hatte der neuen BVB-Trainer, der am Sonntag offiziell seinen Dienst angetreten hatte, erstmals mit der kompletten Mannschaft trainiert und dabei eine erste Ansprache an seine Spieler gehalten. „Er hat sofort klargemacht, wofür er steht und was er von jedem einzelnen erwartet: Er hat ein klares Werteverständnis und verlangt klare Tugenden. Da war viel Lächeln dabei. Ich spüre das Feuer bei ihm und seinem Trainerteam“, berichtete Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl über das erste Zusammentreffen zwischen Kovac, seinen Assistenten Robert Kovac – der für seinen Bruder ein unverzichtbarer Begleiter ist – und Filip Tapalovic und der Mannschaft.

Auch Sport-Geschäftsführer Lars Ricken zeigte sich zufrieden mit der Wahl des Nachfolgers des freigestellten Nuri Sahin, der interimsweise zuletzt von U-19-Trainer Mike Tullberg erfolgreich vertreten worden war: „Ich habe in den Gesprächen mit Niko seine Lust gespürt. Wir haben die tiefe Überzeugung, dass wir mit ihm die Aufholjagd weiter fortführen werden.“ Man habe auf Rang elf stehend zwar noch viele Mannschaften zu überholen. Es werde daher eine „Mammutaufgabe“, aber er habe „in den letzten Spielen gesehen, dass die Mannschaft dazu bereit ist“, nach einer schwierigen Situation wieder aufzustehen. In Kovac komme nun ein „externer Input, der extrem notwendig war“, sagte Ricken, „weil ich der tiefsten Überzeugung bin, dass Weiterentwicklung genau damit einhergeht.“

Can bleibt auch unter Kovac BVB-Kapitän

Kovac startet in Dortmund zwar mit reichlich Vorerfahrung aus seinen vorherigen Jobs in Frankfurt, München, Monaco, Wolfsburg und für die kroatische Nationalmannschaft, aber ohne Zeit. Bereits am Samstag steht das sehr wichtige Bundesliga-Heimspiel gegen den VfB Stuttgart an, in dem der BVB zwingend einen Sieg einfahren muss, um gegen einen direkten Konkurrenten im Kampf um die Champions-League-Plätze nicht weiter an Boden zu verlieren.

Tiefgreifende Änderungen werden bis dahin kaum möglich sein. Wichtig sei daher der Kopf, sagte Kovac, der zudem bekannt gab, an Emre Can als Kapitän festzuhalten. „Wir werden nicht alles neu erfinden. Die Spieler kennen vieles – und können auch verdammt vieles. Es geht darum, sie davon zu überzeugen und ihnen das nötige Selbstvertrauen zu geben.“ Jeder Spieler brauche „Anerkennung“ Dann könne er seine individuelle Qualität noch stärker zum Vorschein bringen. „Und dann ist unsere Mannschaft stark genug, um Spiele zu gewinnen“, sagte der gebürtige Berliner. „Wenn der Kopf klar ist, dann kann man über Grenzen gehen.“

Kein Malen-Ersatz? Kehl verweist auf das Potenzial des Kaders

Im schwedischen Linksverteidiger Daniel Svensson und dem englischen Achter Carney Chukwuemeka verpflichtete der BVB am Deadline-Day am Montag noch zwei neue Spieler für die Kaderbreite und -tiefe. Der geplante Transfer von Rayan Cherki (Olympique Lyon) allerdings platzte – und zog schwere Vorwürfe von OL-Eigner John Textor nach sich. Kehl wollte darauf am Dienstag auf Nachfrage nicht näher eingehen („Wir werden uns nicht auf das Spielchen einlassen, das von Lyon geführt wurde“), sondern verwies auf das vorhandene Potenzial des Dortmunder Aufgebots: „Wir haben den Markt beobachtet, aber gleichzeitig auch immer gesagt, dass wir von der Qualität des Kaders überzeugt sind. Unser Tabellenplatz stellt unsere Ansprüche nicht zufrieden. Aber wir setzen durch unseren neuen Trainer einen Impuls und sehen noch großes Potenzial in dieser Saison.“

Dass der Kader auf den Außenpositionen in der Offensive nach dem Abgang von Donyell Malen zu Aston Villa zu dünn besetzt sei, wies Kehl von sich: „Wir haben dort vier Spieler für zwei Positionen, dazu in Julian Brandt und Yan Couto weitere, die dort spielen können. Wir glauben, dass wir in dieser Konstellation gut gerüstet sind.“

Personelle Konsequenzen? Ricken lässt die Tür für Spekulationen offen

Ob das auch für die sportliche Führung gilt, ließ Ricken dagegen offen. Zwar kritisierte er die Medien dafür, „dass in den vergangenen Wochen Mitarbeiter teils arg diskreditiert wurden durch Sachen, die nicht der Wahrheit entsprachen“, und stellte fest, „dass in den letzten Wochen viele Entscheidungen getroffen wurden, bei denen wir zusammenstanden und uns Rückendeckung gegeben haben“. Eine klare Aussage darüber, ob Veränderungen ausgeschlossen seien, tätigte er allerdings nicht – und ließ damit die Tür für weitere Spekulationen um die Zukunft von Kehl, aber vor allem um die des Technischen Direktors Sven Mislintat offen.

Die Antwort darauf, welches Ziel Kovac in den restlichen Saisonmonaten erreichen müsse, gab es ganz konkret ebenfalls nicht. Allerdings stellte Ricken klar, dass der neue Trainer nicht allein am Tabellenplatz gemessen werde. „Das wäre nicht gerecht aufgrund der Kurzfristigkeit“, sagte der Dortmunder Sport-Vorstand und erklärte, auch auf weichere Faktoren zu achten: „Die Art und Weise, wie wir auftreten, ist maßgebend und wichtig für unsere Fans.“

Kovac und die Stil-Frage

Die wiederum trieb zuletzt die Frage um, ob der Stil von Kovac zum BVB passe. Ricken sagte dazu, in der ersten Einheit des neuen Trainers sei es allein um die Offensive gegangen. Kovac, der auf seiner ersten Pressekonferenz auch zu seinem fußballerischen Plan mit der Borussia gefragt wurde, verwies dagegen auf seine Vergangenheit: „Wir haben immer intensiven Fußball gespielt. Ich fordere Hingabe und Leidenschaft. Das verlangen auch unsere Fans. Wir wollen Angriffsfußball spielen – mit Tiefenläufen, die uns wehtun, aber auch dem Gegner.“

Ob er damit seine Skeptiker in Dortmund überzeugen kann, dürfte sich recht schnell zeigen. Denn auf das Spiel gegen Stuttgart folgen direkt weitere wichtigen Partien in den Champions-League-Playoffs gegen Sporting Lissabon und das kleine Revierderby beim VfL Bochum. Kovac selbst hegt keine Zweifel, dass er mit seinem Trainerteam und seinen Ideen nach Dortmund passt: „Ich bin überzeugt davon, dass der BVB und wir fitten.“

 

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