Die Sache mit der Ecke: Gegen St. Pauli (1:1) kassierte der VfL Wolfsburg bereits sein elftes Gegentor auf diese Art – für Trainer Ralph Hasenhüttl nur „schwer erklärbar“.
Unrühmliche Ligaspitze
Die Angst vor der Ecke. Längst ist sie drin in den Wolfsburger Köpfen. Raumdeckung, Manndeckung oder wie jetzt gegen den FC St. Pauli eine Mischform. Sie haben schon alles versucht beim VfL, und doch klingelt’s in schöner Regelmäßigkeit, wenn der Gegner zum Eckball antritt. „Ihr könnt euch sicher sein, dass es ausführlich diskutiert und bearbeitet wird“, sagt Trainer Ralph Hasenhüttl zu diesem Problemfeld, das sein Team einfach nicht in den Griff bekommt.
Beim 1:1 gegen die Hanseaten kassierte der VfL schon sein elftes Gegentor nach dieser Art der Standardsituation – unrühmliche Ligaspitze. St. Pauli hatte sich etwas einfallen lassen, verwirrte zunächst, positionierte vier seiner Spieler ungewöhnlich weit hinter dem zweiten Pfosten neben dem Wolfsburger Tor. Als Danel Sinani den Eckball ausführt, gehört Siebe van der Heyden noch zu diesen „Außenseitern“.
St. Paulis Eckentrick verwirrt – und funktioniert
Dann geht’s los. Der Belgier läuft parallel zur Torlinie zum ersten Pfosten, der Ball fliegt weit über den Fünfmeterraum hinweg zu Jackson Irvine. Der Australier entwischt dem für einen kurzen Moment orientierungslosen Gegenspieler Jonas Wind, köpft die Kugel entsprechend van der Heydens Laufweg auf den gegenüberliegenden Pfosten, wo der Defensivmann vor Yannick Gerhardt ungehindert einköpfen kann. Es ist wieder passiert – Wolfsburg kassiert ein Standardgegentor.
„Wir müssen es ganz klar besser verteidigen.“ (Wolfsburgs Kapitän Maximilian Arnold zur Ecken-Problematik)
„Das sind Kleinigkeiten, die entscheidend sind“, ärgert sich VfL-Kapitän Maximilian Arnold über diese offensichtliche Schwachstelle. Zuletzt hatte es schon in den Heimspielen gegen Kiel (2:2) und Bochum (1:1) genauso ausgesehen. Der Gast ging jeweils nach einem Eckball in Führung. Und die Niedersachsen, die lieber über das starke Konterspiel kommen, liefen einem Rückstand hinterher. Problembereich Eckball, alles nicht so einfach, sagt Arnold. „Du musst auf den Ball schauen, auf den Gegner schauen, da gibt es leichtere Dinge.“ Was dennoch keine Ausrede sein soll: „Wir müssen es ganz klar besser verteidigen.“
Schon zehn Tore: Offensiv glänzt der VfL nach Eckbällen
Daran arbeitet Ralph Hasenhüttl mit seinem Trainierteam, in dem vornehmlich Torwartcoach Pascal Formann für die Standards zuständig ist. Was offensiv prächtig funktioniert (zehn Treffer nach Eckbällen, auch hier ist Wolfsburg an der Spitze), ist defensiv unverändert ein Baustellenbereich. „Schwer erklärbar“ sei das für Hasenhüttl, dessen Team sich vor allem im eigenen Stadion anfällig präsentiert.
„Eigentlich“, so der Coach, „lassen wir nicht viele Eckbälle zu, und trotzdem sind wir nicht in der Lage, diese dann zu verteidigen. Da ist die Diskrepanz zu den Auswärtsspielen eklatant. Das sind individuelle Momente, wo wir den Gegner laufen lassen, kurz aus den Augen verlieren.“ So wie Wind am Samstag gegen Irvine, so wie Tiago Tomas gegen Bochums Erhan Masovic vor zwei Wochen, so wie Gerhardt gegen Kiels David Zec im Januar.
Wolfsburger Wiederholungen, die wehtun. Wieder wurde ein Heimspiel gegen ein Kellerkind nicht gewonnen, wieder trauert der VfL so wichtigen Punkten im Kampf um die internationalen Ränge hinterher. Der Respekt vor den Gegnern aus dem unteren Tabellendrittel gebietet es, Siege gegen diese Teams nicht fest einzuplanen. Und doch sollten sie eingefahren werden, will man am Ende der Saison etwas zu feiern haben. „Es tut deswegen weh“, sagte Hasenhüttl nach dem vierten Heim-Remis in Serie, „weil man solche Spiele fälschlicherweise als Fix-Dreier mitnehmen möchte. Aber so ist es in der Liga nicht.“
Schneckenrennen um Europa
So bleibt der VfL im Schneckenrennen um Europa in Schlagdistanz, könnte aber angesichts der vielen verschenkten Punkte schon deutlich besser dastehen. Am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) geht’s nach Augsburg. Ein Blick in die Statistik: Der FCA, der in Dortmund (1:0) nach einem Freistoß das Tor des Tages erzielte, traf in dieser Saison erst viermal nach einem Eckball. Gewarnt sollte der VfL dennoch sein.