Omar Marmoush und die Professionalisierung des Frauenfußballs: Eintracht Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann stellte bei der Mitgliederversammlung am Montagabend ganz unterschiedliche Themen in den Blickpunkt. Der Verein hat derweil eine Schallmauer durchbrochen.
„Es motiviert andere Spieler“- Eintracht mit 150.000 Mitgliedern
Etwas Skepsis hat sich Montagabend in die Frankfurter Jahrhunderthalle geschlichen. Wird die Eintracht das kommende Bundesligaspiel gegen den FC Bayern gewinnen? So lautete eingangs die Testfrage, um das Prozedere mit den Abstimmungsgeräten zu prüfen. Etwa 14 Prozent der rund 1300 anwesenden Mitglieder wagten sich, mit Nein zu stimmen.
Axel Hellmann gehörte selbstredend nicht zu dieser Gruppe und blickt optimistisch auf die sportliche Situation. „Platz 3 hört sich gut an und ist auch sehr gut. Vor allem weiß ich, dass wir noch mehr im Tank haben, als wir in den letzten Wochen gezeigt haben. Wir haben immer noch ein paar große Herausforderungen, auch das ist kein Geheimnis“, betonte der Vorstandssprecher und skizzierte eine davon: „Beim Ballbesitz eine spielerische Dominanz erreichen, die wir über 90 Minuten durchziehen und nicht in den Passivmodus zu schalten.“
Marmoush und die „Träne im Knopfloch“
Früher oder später ist diese Qualität sicher von Nöten, in den kommenden zwei Wochen aber eher weniger. Nach der Reise zum FC Bayern am Sonntag steht kommende Woche samstags das Heimspiel gegen Bayer Leverkusen an – beide Teams wird die Eintracht kaum spielerisch dominieren, da sind andere Qualitäten gefragt. Hellmann geht dennoch optimistisch in die beiden Topspiele: „Wir haben eine herausragend gute Mannschaft, die herausragend guten Fußball spielen kann.“
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Der herausragende Mann der Hinrunde spielt bekanntlich aber nicht mehr mit. „Wir alle haben eine Träne im Knopfloch“, kommentierte Hellmann den Verkauf von Omar Marmoush. „Weil Omar hat es in kurzer Zeit geschafft, mit seinem Charakter und seiner Spielweise eine große Beliebtheit zu erreichen und eine große Authentizität zu verkörpern.“
Die Art und Weise, wie der Wechsel zu Manchester City für eine Sockelablöse von 75 Millionen Euro im Januar über die Bühne ging, hob Hellmann nochmal gesondert hervor. Die Bilder sind in Frankfurt den meisten noch präsent, wie sich der Angreifer nach dem Spiel gegen Borussia Dortmund, als er schon nicht mehr zum Kader gehörte, zu Tränen gerührt vor der Nordwestkurve einen gebührenden Abschiedsapplaus abholte.
„Ohne Streik und ohne komische Aktivitäten“
„Ein Spieler, der die Chance seines Lebens ergreifen kann, ist für uns besonders wertvoll. Nicht nur, wenn er bleibt, sondern wenn er im Guten den Klub verlässt. Wie wir es geschafft haben, und da gab es auch andere Beispiele, einen Spieler in dieser Konstellation so gut zu verabschieden, das ist einmalig“, sagte Hellmann und schickte im Nachgang noch etwas deutlichere Grüße an Randal Kolo Muani, der mit einem Streik im Sommer 2023 seinen Wechsel nach Paris erzwang.
Den Namen des Franzosen musste Hellmann dafür gar nicht explizit erwähnen. „Ich kann euch eins sagen: Es werden andere Spiele motiviert, zu uns zu kommen, weil sie sehen, dass sowas auch ohne Verrenkung, ohne Streik und ohne irgendwelche komischen Aktivitäten, gesteuert manchmal von Beratern, funktionieren kann“, betonte Hellmann.
Bei seiner Rede, die er eigentlich auf 30 Minuten begrenzen wollte, wenig überraschend aber mit rund 45 Minuten deutlich überzog, blickte Hellmann auch auf den Frauenfußball – in Frankfurt und der Liga. Die Eintracht-Frauen haben eine gebrauchte Woche hinter sich. Auf das Pokal-Aus beim FC Bayern folgte in der Liga eine herbe 1:6-Klatsche gegen den jetzt punktgleichen VfL Wolfsburg – drei Zähler hinter Bayern.
Frauen-Bundesliga: Zum Teil „kein Mindestlohn“
„Ehrlicherweise, und das muss man sagen, ist mir das heute aber total wurscht, weil es vollkommen richtig ist zu sagen: Wenn man im Konzert mit Bayern München und Wolfsburg im letzten Drittel der Saison vorne mitspielt, ist das für Eintracht Frankfurt ein hervorragendes Zwischenergebnis“, lobte der 53 Jahre alte Klubchef und kündigte zugleich an, dass das Spitzenspiel gegen den FC Bayern am 12. April im Waldstadion stattfinden wird.
So erfreulich die Entwicklung und der Konkurrenzkampf an der Spitze der Liga auch ist: generell gibt es sehr viel zu tun. Hellmann beschäftigt sich neben der Frage, wie man den Klub „professioneller und leistungsfähiger aufstellen kann“ mit dem Thema, „wie es mit der Liga weitergeht“. In der Liga mit zwölf Klubs wären die Frauen nur rund fünfeinhalb Monate im Jahr im Einsatz. „Wir halten das als Entwicklungsziel für eine Professionalisierung des Frauenfußballs für nicht ausreichend.“ An anderen Standorten würde sogar „ohne Zahlung des Mindestlohns professioneller Frauenfußball“ angeboten werden.
Deshalb habe man als Klub die Initiative ergriffen, „diese Professionalisierung voranzutreiben.“ Ein klares Ziel sei „die Aufstockung der Liga, erst auf 14, dann 16 Vereine. Wir sind hier an vorderster Front für Eintracht Frankfurt mit dem DFB im Austausch“.
Mitgliederzahl auf Rekordhoch
Weil Präsident Mathias Beck zurzeit krankheitsbedingt kürzertreten muss und wie geplant nicht an der Versammlung teilnahm, übernahm Vizepräsident Moritz Theimann dessen Part. Der 43-Jährige durfte in seiner Rede eine neue Rekordzahl verkünden: „Wir sind der am stärksten wachsende Verein Deutschlands.“ Konkret bedeutet das: Eintracht Frankfurt zählt inzwischen 150.000 Mitglieder. Darunter sind mehr als 15.000 aktive Menschen in den Abteilungen der über 50 Sportarten, womit der Klub weiterhin weltweit der größte Mehrspartensportverein mit einer professionellen Fußballmannschaft ist. „Das macht uns alle unglaublich stolz und hat im vergangenen Jahr so manche Tür geöffnet: bei Sponsoren, bei Verbänden oder bei der Beantragung von Fördermitteln“, verkündete Theimann.
Zur Einordnung des Wachstums: Als Peter Fischer im Jahr 2000 das Amt des Präsidenten übernahm, zählte Eintracht Frankfurt keine 5000 Mitglieder. Die 100.000-Marke fiel im Mai 2022. In weniger als drei Jahren konnte der Verein jetzt erneut eine Steigerung um 50 Prozent erzielen. In Deutschland festigt die Eintracht damit den vierten Rang. Nur der FC Schalke 04 (rund 190.000), Borussia Dortmund (220.000) und der FC Bayern (382.000) zählen mehr Mitglieder.