Gefahr durch Konter? Auch eine Freiburger Problemzone 

 

Nach der bisher miserablen Bilanz gegen Top-Teams empfängt Freiburg am Samstag das größte Schwergewicht. Auch gegen den FC Bayern wäre gefährliches Umschalten ein wertvolles Instrument. Doch das Kontern ist schon seit Jahren keine Stärke des SC – obwohl diese Saison die Voraussetzungen besser sind.

Gefährliches Umschalten würde auch gegen die Bayern helfen

Wenn man immer wieder im tiefen Block verteidigen muss – was in Duellen mit qualitativ besser besetzten Gegnern in der Regel gefordert ist – sollte man idealerweise aus schnellen Umschaltsituationen gefährlich werden. Das schaffte die Mannschaft von Julian Schuster zuletzt aber weder in Stuttgart (0:4), noch in Frankfurt (1:4).

Grundsätzlich zählt die Disziplin Konter nicht zu einem prägenden Stilmittel der Spielidee des Sport-Clubs. Auch in der zwölfeinhalbjährigen Ära Christian Streich taten sich die Breisgauer in den Spielen gegen die Top-Teams der Bundesliga überwiegend schwer. Was auch daran lag, dass sie bei schnellen Gegenstößen nur selten eine echte Bedrohung für den Gegner darstellten.

Nur zwei Kontertore: Frankfurt kommt auf zehn

Eine Ursache: Der SC beschäftigte selten Offensivkräfte mit einem hohen Top-Speed-Wert. Eine Ausnahme stellte eineinhalb Jahre lang Kevin Schade dar, bei dem die Kontrahenten fürchten mussten, dass er ihren Defensivkräften mit seinem Top-Wert von 36,37 km/h enteilt. Doch Schade war nicht immer einsatzbereit und nach seinem Abschied im Januar 2023 nach Brentford gab es wieder eineinhalb Jahre lang keinen sehr schnellen Profi in der Freiburger Angriffsabteilung. Die Kontergefährlichkeit insgesamt blieb gering.

Und diese Saison? Zählt das Umschalten eher zu den aktuell nicht wenigen Problemzonen des SC. Nach 18 Spielen sind bisher erst zwei Kontertore bei den insgesamt 25 Treffern notiert. Nur Gladbach und Mainz haben bisher erst ein Tor nach einer offensiven Umschaltaktion erzielt. Eintracht Frankfurt, 17 Spiele lang angetrieben von Überflieger Omar Marmoush, kommt hingegen auf zehn Kontertore, Leverkusen als Zweiter in dieser Kategorie aus sieben.

Gute Voraussetzungen mit Abstrichen

Dabei sind zumindest die Speed-Voraussetzungen im SC-Kader so gut wie lange nicht oder womöglich noch nie. In Person von Eren Dinkci verpflichtete Freiburg im Sommer den zusammen mit Bayerns Alphonso Davies schnellsten Spieler der vergangenen Saison (36,41 km/h). Auch der dynamische, öfter in der Offensive nominierte Mittelfeldmann Merlin Röhl kann durch Tiefenläufe für Gefahr sorgen, sein Top-Speed lag vorige Saison bei 34,90 km/h.

Insgesamt befinden sich sogar sechs Freiburger in den ligaweiten Top 100 der Kategorie Top-Speed. So viele Profis wie bei Bayern und Leverkusen. Doch während bei der klassischen Ballbesitz-Mannschaft der Bayern (bisher drei Kontertore) in Person von Davies, Coman, Tel und Sané vier Spieler davon überwiegend offensiv agieren und bei Bayer drei (Frimpong, Tella, Adli), sind es beim SC nur Dinkci und Röhl.

Röhl und Dinkci bisher zu selten in Szene gesetzt

Hinzukommen Linksverteidiger Christian Günter, der außen in der Regel nicht so viel stürmt wie Davies oder Frimpong, die weiteren Verteidiger Jordy Makengo und Max Rosenfelder sowie Sechser Patrick Osterhage. Rechtsverteidiger Lukas Kübler, vorige Saison schnellster Freiburger mit 36,08 km/h (diese Saison 33,77 km/h) erweitert als flinker, aber auch überwiegend defensiv agierender Akteur diese Riege.

Ein Knackpunkt ist, dass Röhl und Dinkci bisher zu selten in Positionen und Situationen für gefährliche Konter kommen. Röhl, in Frankfurt der offensivere Part der Doppelsechs und in Stuttgart Zehner, kann viel Raum in schneller Zeit auch aus der Tiefe kommend überbrücken. Wie beim seinem starken Solo-Tor vergangene Saison in Leipzig bewiesen. In dieser Saison zeigt er diese Qualität nach längerer Verletzungspause aber bisher zu selten.

Und Dinkci, der vorige Saison in Heidenheim als Rechtsaußen auch sein Tempo für eine gute Scorerbilanz nutzte (10 Tore/6 Assists in 33 Liga-Einsätzen), läuft beim SC fast ausschließlich als Zehner auf (0/3/14). Auch, weil in Dribbler Ritsu Doan ein anderer Spielertyp auf der rechten Bahn gesetzt ist. Dinkci hat auf der Zehn zwar zwischen den Linien immer wieder gute Aktionen, auch mit Ball, kann seinen Speed aber nur selten zur Geltung bringen.

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Auch bei langen Pässen, Ballgewinnen und abgefangenen Pässen Luft nach oben

Sollte Dinkci nicht öfter auf der letzten Linie des Gegners auf Bälle in die Tiefe lauern? Schuster hatte nach dem 1:4 in Frankfurt angekündigt, Röhl und Dinkci besser einsetzen zu wollen, Dinkci in Stuttgart dann aber zunächst auf der Bank gelassen.

Die relative Ungefährlichkeit im Konter ist aber natürlich nicht nur ein Geschwindigkeitsthema. Wenn die SC-Profis per langem Ball gesucht werden, erreichen sie nur 41,4 Prozent dieser Pässe – die schlechteste Quote nach St. Pauli, Union Berlin und Mainz.

Außerdem gewinnen die Freiburger selten den Ball im eigenen Abwehr-Drittel: Sie haben nur 17,3 defensive Ballgewinne pro Spiel, weniger haben nur Wolfsburg und Bremen. (Zum Vergleich: Leipzig hat 20,3 solcher Ballgewinne pro Partie, Heidenheim 20,2). Auch Mit 8,6 abgefangenen Pässen pro Spiel gehört Freiburg zum unteren Drittel der Bundesligisten.

Im eigenen Strafraum hat Freiburg absolut gesehen – wie Dortmund – nur elf Pässe abgefangen, das sind nach Heidenheim und Bayern die wenigsten. Aber die Bayern und auch Dortmund sind im eigenen Strafraum insgesamt deutlich seltener gefordert als der SC oder Teams wie St. Pauli (20), Bremen (21) oder Union Berlin (18), die allerdings mehr Pässe in der eigenen Box abgefangen haben.

Spannend, ob es Freiburg am Samstag im eigenen Stadion schafft, dem Rekordmeister gefährlich zu werden. Und, wenn ja, ob gute Umschaltaktionen dabei eine Rolle spielen werden.

 

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