Man musste nur in die Gesichter auf dem Platz, der Trainerbank und den Tribünen blicken, um zu erkennen, wie gut der 6:0-Sieg über Union Berlin all jenen tat, die es mit Borussia Dortmund halten. Und auch im Umgang damit waren sich alle einig: Der Erfolg kann nur ein erster Schritt sein gewesen sein.
Dortmunds 6:0-Erfolg über Union sorgt für große Erleichterung
Die vergangenen Wochen waren wahrlich keine leichten für Hans-Joachim Watzke. Seit 20 Jahren ist der BVB-Boss in Amt und Würden, im Herbst möchte er abtreten und ein bestelltes Feld übergeben. Umso schmerzhafter waren die vielen Niederlagen seit Jahresbeginn und der damit verbundene Absturz in der Tabelle. Am Samstag allerdings gab es endlich mal wieder etwas zu feiern – und das sah man Watzke an: Je mehr Tore der BVB in der zweiten Hälfte beim 6:0-Heimerfolg über Union Berlin erzielte, desto mehr legte sich die Anspannung – bis sich kurz vor Schluss fast schon kindliche Freude über das Gesicht des BVB-Bosses legte.
Kovacs Strategie hat sich ausgezahlt
Der deutliche Erfolg über die Hauptstädter war ein Sieg für die schwarz-gelbe Seele. Das war am Samstag überdeutlich zu erkennen. Freude und Erleichterung machten sich nach dem Schlusspfiff breit. Auf den Tribünen, aber auch auf dem Rasen und der Trainerbank. Bei Vierfach-Torschütze Serhou Guirassy ebenso wie beim Vierfach-Vorbereiter Pascal Groß. Bei Sportdirektor Sebastian Kehl ebenso wie bei Trainer Niko Kovac, der noch am Freitag in der Pressekonferenz vor dem Spiel keine Gelegenheit ausgelassen hatte, seine Spieler stark zu reden – und dabei fast schon übertrieben positiv wirkte.
Doch die Taktik des erfahrenen Trainers zahlte sich aus. Seine Botschaften verfingen in den Köpfen seiner Spieler. Je länger die Partie gegen Union lief, desto mehr gelang, desto leichter fiel das Toreschießen gegen einen vor allem in der Schlussphase allerdings auch heillos überforderten Gegner. Es passte, dass sich der BVB das erste Tor hart erarbeiten musste – Diogo Leite fälschte einen Schuss des Ex-Unioners Julian Ryersons unhaltbar ab (25.) -, ehe sich der spielerische Knoten mehr und mehr löste.
Die Formkurve steigt bei etlichen BVB-Profis an
„Wir hatten das Quäntchen Glück mit einem Eigentor, dadurch hat sich einiges bei uns gelöst“, bilanzierte Kovac zufrieden und verwies auf die Verbesserungen, die sich im Laufe des Spiels einstellten: Dortmund agierte nach durchwachsenem Start fortan griffiger, ließ den Ball schneller laufen, holte sich ihn im Gegenpressing höher zurück und attackierte durch Flanken immer wieder das Berliner Zentrum. Die Partie zeigte, wie es für den BVB gehen kann und was in dieser Mannschaft steckt, wenn Kopf und Beine mitspielen. Für Kovac, der im dritten Spiel seinen ersten Bundesliga-Sieg mit der Borussia feiern durfte, setzte die Leistung „den Maßstab, mit und gerade gegen den Ball: Das hohe Anlaufen, das Pressing, die hohen Ballgewinne, das direkte Umschalten, die Tiefenläufe – all das wollen wir auch in Zukunft sehen“.
Indizien dafür, dass der Auftritt keine einmalige Sache bleiben muss, gibt es: Die Formkurve von Marcel Sabitzer zeigt ebenso nach oben wie die von Groß, der seine Position beim BVB endlich gefunden zu haben scheint – als Sechser gegen den Ball und Achter mit dem Ball wird er zunehmend wichtiger und präsenter. Auch präsentiert sich die Abwehr um Nico Schlotterbeck und Emre Can aufmerksam und auf der Höhe. Und im Sturm zeigte Guirassy, was in ihm steckt, wenn man ihn so füttert wie gegen Union. Auffällig war außerdem, welche Impulse Winter-Neuzugang Carney Chukwuemeka bei seinem ersten Kurzeinsatz in der Liga bereits setzen konnte. Bleibt der Engländer fit, dürfte er sich im Laufe der Rückrunde als klare Verstärkung entpuppen und Kovacs Optionen weiter vergrößern.
Kehl: „Das wird Niko gut tun und bestärken“
Während sich die Spieler nach der Partie den Dank der Fans auf der Südtribüne abholten, stand Kovac etwas abseits davon und schaute sich die Szenen mit einem Lächeln im Gesicht an. Der 53-Jährige war für seine Mannschaft gewissermaßen in Vorleistung gegangen und durfte sich bestätigt fühlen. „Niko bleibt ruhig, weist auf die Dinge hin, die gut sind, und legt natürlich auch den Finger in die Wunde“, sagte Kehl über den noch immer neuen BVB-Trainer, der ebenfalls bereits wieder unter Druck gestanden hatte – dies aber zuletzt nicht an sich heranließ. „Für ihn und sein Trainerteam war das heute auch eine Befreiung. Das wird ihm gut tun und ihn bestärken.“
Allerdings ist der Auftrag für die kommenden Wochen klar: Die Leistung gegen Berlin wird fortan bestätigt werden müssen, um den beschwerlichen Weg aus dem Tabellenmittefeld bis nach oben noch meistern zu können. So formulierte es auch Kehl: „Wir müssen noch eine Menge tun.“ Weiter geht’s am nächsten Samstag beim FC St. Pauli.