Im Umfeld des 1. FC Union Berlin rumorte es am Wochenende schon, obwohl die Mannschaft im Rahmen des 24. Spieltages erst am Sonntag (15.30 Uhr) gegen Holstein Kiel gefordert ist.
Union-Präsidium legt scharf nach
Die Entscheidung des DFB-Bundesgerichts, die Berufung des Vereins gegen die 2:0-Spielwertung des DFB-Sportgerichts der Heimpartie gegen den VfL Bochum abzulehnen, verärgert neben der Vereinsführung auch die meisten Anhänger.
Oberfan und Präsident Dirk Zingler hatte bereits am Freitagabend wenige Minuten nach dem Urteil von Frankfurt in einer Pressemitteilung erklärt, dass Union das Ständige Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen anrufen werde.
Am Samstagnachmittag legte das Präsidium mit Zingler an der Spitze in einer weiteren Pressemitteilung scharf nach. Das Werfen von Gegenständen sei asozial und nicht hinnehmbar, heißt es zu Beginn.
Das Spiel gegen Bochum sei allerdings regulär durch einen von „beiden Seiten vereinbarten sportlichen ‚Nichtangriffspakt‘ fortgesetzt und schließlich vom Schiedsrichter mit dem Ergebnis von 1:1 regulär beendet“ worden.
Den Bochumern wird von den Hauptstädtern vorgeworfen, „sich aus einer für beide Mannschaften gleichermaßen belastenden Situation einen einseitigen sportlichen Vorteil verschaffen“ zu wollen.
Dass die DFB-Sportgerichtsbarkeit die Schwächung des VfL durch das Ausscheiden von Torwart Patrick Drewes dem Verein und nicht dem am Spieltag schnell ermittelten Täter zuschreibt, hält Union für falsch. „Sie setzen sich mit ihren Urteilen über die Tatsachenentscheidungen und den ordnungsgemäßen Ermessungsspielraum des Schiedsrichters hinweg und werten das Spiel entgegen dem tatsächlichen sportlichen Ausgang um“, argumentiert Union.
„Für den Fußball ist diese Entscheidung der DFB-Sportgerichtsbarkeit fatal. Anstatt den sportlichen Wettbewerb und die Klubs zu schützen, auch vor einzelnen Tätern, wird erstmals im deutschen Fußball ein sportlich erzieltes Ergebnis umgewertet, um das Fehlverhalten eines Zuschauers zu bestrafen.“
Der DFB-Kontrollausschuss wird wie schon nach der Verhandlung des DFB-Sportgerichts am 9. Januar ebenfalls in die Union-Kritik eingeschlossen. Mit dessen Vorsitzenden Dr. Anton Nachreiner hatte sich Zingler am Freitag auch verbal gerieben.
Union bezeichnete die Sanktionspolitik des Kontrollausschusses als verfehlt. Exorbitant ansteigende Geldstrafen für beispielweise den Einsatz von Pyrotechnik oder anderes Fehlverhalten von Zuschauergruppen oder Einzeltätern hätten keinerlei präventive Wirkung entfaltet. Anstatt dies zu hinterfragen, würde der DFB selbst die Integrität des sportlichen Wettbewerbs gefährden. „Diese für den Fußball gefährliche Entwicklung muss gestoppt werden“, so Union.
Union fordert Spielwiederholung
Vom Ständigen Schiedsgericht will Union die aus seiner Sicht falschen Rechtsanwendungen überprüfen lassen. Der Klub fordert bei einer personellen Schwächung einer Mannschaft durch äußere Umstände eine Wiederholung des Spiels in voller Mannschaftsstärke am gleichen Ort und bei einem Fehler des Schiedsrichters aufgrund eines ausbleibenden Spielabbruchs ebenfalls eine Wiederholung.
Dem DFB-Sportgericht sprach Union den Ermessens-Spielraum ab, „ordnungsgemäße und regelgerechte Entscheidungen eines Schiedsrichters umzuwerten.“ Somit sei das 1:1 gegen Bochum aufrechtzuerhalten oder das Spiel zu wiederholen.
„Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung für die Integrität des Wettbewerbs und somit zum Schutz unseres Vereins werden wir parallel auch die Möglichkeit der Einleitung zivilrechtlicher Schritte prüfen“, teilte Union mit.
Der FCU hat das Empfinden, „dass die Rechtsorgane des DFB ihrem Sanktionsbegehren gegenüber Zuschauern den Vorrang geben, anstatt den sportlichen Wettbewerb und die teilnehmenden Klubs zu schützen.
Union fährt in dieser Angelegenheit weitere schwere Geschütze auf, nachdem es vor allem in der ersten Verhandlungsrunde vor dem DFB-Sportgericht mit Finanz-Geschäftsführer Oskar Kosche, Profifußball-Geschäftsführer Horst Heldt und Rechtsanwalt Dr. Michael Müller eine zu zahme Verteidigungs- und Angriffsstrategie gegeben hatte. Zwei Tage später machte Zingler dem Vereinsunmut in Interviews mit Sky und dem ZDF stärker Luft.
Vor dem DFB-Bundesgericht war man am Freitag mit Zingler sowie Rechtsanwalt und Sportrechts-Experte Dr. David Bischoff besser aufgestellt. Letzterer unterstützte Dr. Müller, nachdem Bischoff zuvor in der Verhandlung auch Kiel und St. Pauli vertreten hatte.
Allerdings war die Bochumer Seite mit Prof. Christoph Schickhardt Tagessieger. Der Sportanwalt, der bisweilen seine langjährige Erfahrung etwas zu sehr zur Schau trug, konnte Union mit provokanten Thesen und Fragen reizen.
In dieser Gemengelage soll die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart gegen Kiel einen Sieg einfahren. Nachdem St. Pauli, Bochum und der 1. FC Heidenheim am Sonnabend verloren haben, käme ein Dreier einem Befreiungsschlag gleich. Eigentlich muss ein „Pflichtsieg“ her, weil in den nachfolgenden Spielen bei Eintracht Frankfurt (9.3.), gegen Bayern München (15.3.) und beim SC Freiburg (30.3.) nicht unbedingt mit einer Punkteflut zu rechnen ist.