Der VfL Wolfsburg ist aktuell nicht zu stoppen, selbst drei Rückstände gegen Mainz (4:3) brachten die Niedersachsen nicht vom Erfolgsweg ab. Das Spiel am Sonntag weckt Erinnerungen an die Erfolgssaison vor zehn Jahren.
VfL-Sieg nach dreimaligem Rückstand
Da war selbst der Kapitän fast sprachlos. „Brutal. Krass. Unfassbar.“ Maximilian Arnold konnte das Erlebte auf dem Rasen nur schwer in Worte fassen. Dreimal geriet seine Mannschaft gegen über weite Strecken starke Mainzer in Rückstand. Dreimal kämpfte sich das Team zurück und drehte die Partie in der Nachspielzeit endgültig.
Die ohnehin schon entwickelte Euphorie nach zuvor sieben Pflichtspielen ohne Niederlage erhielt einen weiteren Boost direkt vor der eigenen Nordkurve. „Das“, sagt Trainer Ralph Hasenhüttl nach auch für ihn 94 hochemotionalen Minuten, „war auch für uns ein Riesen-Ausrufezeichen.“
Entwicklung auf dem Rasen und daneben
Das Wolfsburger Vier-Gefühl. Vier Tore gegen einen unmittelbaren Tabellennachbaren brachten den vierten Ligasieg in Folge. 3:1 gegen Heidenheim, 1:0 gegen Union Berlin, 5:1 in Leipzig und jetzt dieses 4:3-Spektakel gegen Mainz. Verlor der VfL zu Saisonbeginn noch diese Schlagabtausch-Duelle gegen Bayern (2:3) oder Leverkusen (3:4), so drehte er nun das Spiel zu seinen Gunsten und demonstrierte die voranschreitende Entwicklung. Auf dem Rasen und daneben.
In Wolfsburg ist ein Wir-Gefühl entstanden. Aus der Sorge, dass der zu große und mit 31 Profis gespickte Kader Konfliktpotenzial birgt, entsteht ein großer Vorteil. Obwohl mit Sebastiaan Bornauw, Rogerio, Aster Vranckx, Kevin Paredes und Lovro Majer auch am Sonntag fünf potenzielle Stammspieler fehlten, konnte Trainer Hasenhüttl viel Qualität von der Bank nachlegen. Allen voran Torjäger Jonas Wind, der das Spiel mit seinem Doppelpack drehte.
„… dann war dieser große Kader für uns vielleicht sogar ein großes Plus.“ (VfL-Geschäftsführer Peter Christiansen über das 31-Mann-Aufgebot)
Dessen dänischer Landsmann Peter Christiansen lächelte zufrieden, als er am Sonntag in die Kabine marschierte. Mit Blick auf das Aufgebot sagt er zum kicker: „Was die Kadergröße angeht, sind wir generell zu groß. Aber wenn wir sehen, wie viele Verletzte wir hatten und wie viele Spieler uns in diesem Herbst zur Verfügung standen, dann war dieser große Kader für uns vielleicht sogar ein großes Plus.“
Hasenhüttls Veränderungen funktionieren
Mittlerweile passt jedenfalls vieles zusammen, was sich zu Saisonbeginn noch nicht richtig gefunden hatte. Seinerzeit gab es noch mehrere Systemwechsel, mitunter notgedrungen viele personelle Verschiebungen, die Mannschaft verteidigte Mann-gegen-Mann über das gesamte Feld. Trainer Hasenhüttl veränderte dies, der Österreicher fand sein Stammpersonal, fand seine Formation. Mit dem Ball spielt Wolfsburg im 4-3-3, gegen den Ball in einem 5-3-2.
Und am Sonntag in der Crunchtime wechselte der Österreicher mit dem glücklichen Händchen auf ein 4-4-2 mit Raute, was am Ende den Sieg brachte. Hasenhüttl betont: „Wir sind ein richtig eingeschworener Haufen mittlerweile. Es wird immer besser, es wird immer stimmiger, die Atmosphäre wird immer besser.“
Euphorie folgt auf die Tristesse. Vor nicht einmal zwei Monaten stand der VfL nach sieben Punkten aus sieben Spielen im Tabellenkeller, es drohte der Abstiegskampf. Nun ist Wolfsburg Fünfter und hat die Chance, sich in den letzten beiden Spielen des Jahres in Freiburg und gegen Dortmund im oberen Tabellendrittel festzusetzen. Obendrein steht der Klub im Viertelfinale des DFB-Pokals.
Zuvor hatte der VfL erst ein Mal einen dreimaligen Rückstand gedreht
Gute Aussichten inmitten dieser dunklen Jahreszeit nach einem Spiel, das Erinnerungen weckt. Erst ein Mal hatte der VfL in der Bundesliga zuvor ein Spiel nach dreimaligem Rückstand gewonnen – im März 2015 siegte Wolfsburg 5:3 in Bremen. Damals auf dem Platz dabei: Kapitän Arnold.
„Oh ja“, erinnert er sich, „da habe ich sogar getroffen …“ Gegen Mainz bereitete Arnold diesmal den Siegtreffer vor. Und vielleicht ist die Parallele zur Saison vor zehn Jahren ja ein gutes Omen. Damals wurde Wolfsburg Vizemeister – und Pokalsieger.